Lichter/
Wo ich hinkomme, leuchtet und blinkt es/
Alles fliesst, wie wenn ein Film läuft/
Überall Leute/
Leute überall/
Nichts als Leute überall dein Gesicht/
Überall deine Haare/
An jedem Taschentuch, das ich hervornehme, kleben ein paar Jahre sind vorbei ist es erst, wenn der Film reisst/
Eine Waschmaschine dreht wie verrückt in meinem Kopf dreht sich alles im Kreis und um dich/
Was soll ich schon hier in einer Stadt, die für die, die sich gern heim will ich nicht, heim geh ich nicht/
Hier geht’s mir einigermassen mies/
Scheissparis/
Lärm/
Aus jedem Laden tönt es gleich/
Mir ist es überall zu laut/
Mir hat es überall viel zu viele Leute/
Vorhin hab‘ ich deine Stimme gehört/
Eine Waschmaschine dreht wie verrückt in meinem Kopf dreht sich alles im Kreis und um dich/
Was soll ich schon hier in einer Stadt, die für die, die sich gern heim will ich nicht, heim geh ich nicht/
Hier geht’s mir einigermassen mies/
Scheissparis
(Züri West: «Paris», frei aus dem Berndeutschen übersetzt)
Was mir dazu in den Sinn kommt:
Für mich bleibt das einer der eindrücklichsten Songtexte in Schweizerdeutsch – daran hat sich seit 1999, als er auf dem Album «Super 8» in die – und in meine – Welt getreten ist, nichts geändert. Ich höre die ersten paar Zeilen und kann die Grossstadt sehen. Ich höre sie, fühle ihre Anonymität, versinke in der Selbstversunkenheit des Erzählers. Warum gelingt das diesem Text und anderen nicht?
Erstens dank der Bilder. Waschmaschine im Kopf. Aus jedem Laden tönt es gleich. Die Stimmen der vorbeigehenden Parisfrauen. Ihre Gesichter. Ihre Haare. Die Haare am Taschentuch.
Zweitens dank der Kettensätze. Warum tun das Songschreiber nicht häufiger?
Drittens dank des Kurzschlusses am Schluss, der so typisch menschlich ist: Die Situation ist blöd, also ist die Umgebung blöd. – Zuerst liefert der Text in Inhalt und Stil einen sinnlich pläschernden Wasserfall… Und zuletzt, als man einen poetischen Abschluss erwartet: ein derbes Fluchwort. Eine Stammtischpointe. Als hätte Thomas Mann im Zauberberg geschrieben (auf der letzten von 997 Seiten, ganz unten):
FUCK!!
Dem Song hat sein brachial guter Text übrigens nie zu Radiopräsenz verholfen (mein frecher Thomas-Mann-Vergleich von soeben wird daran auch nichts mehr ändern). Aus Schweizer Radios schallt dafür bis heute – von der gleichen Band und erst noch zum gleichen Thema -… immer wieder das hier:
Ich hatte dich gern/
Ich hätte die Sonne und den Mond und jeden Stern, der am Himmel klebt, von dort runtergeholt/
Ich weiss, jetzt kommt irgendwo ein Anderer dran/
Ist mir egal, auch wenn ich immer noch ein wenig auf dich stehe/
Jetzt hab‘ ich dich fast lieber als damals, als ich dich gern hatte.
Ein Schelm, wer da an DJ Ötzi denkt. Oder an Helene Fischer, sogar.
Ein Gedanke zu “Züri West und das Fluchwort”